Innenstädte neu denken – und machen

Vortrag von Klaus Mensing auf der Zukunftswerkstatt in Stade

Die Zentren stehen vor drei großen Herausforderungen: Der Strukturwandel im Einzelhandel hat sich durch Pandemie und Lockdown erheblich beschleunigt, Büroarbeitsplätze haben sich möglicherweise auch für längere Zeit ins Homeoffice verlagert und wir müssen die Mobilität neu organisieren. Heißt: Die Innenstadt von morgen wird mit weniger Handel, weniger Büro und weniger Verkehr auskommen (müssen). Dies ist gleichzeitig eine Chance, Funktionen wieder anzusiedeln, die aufgrund hoher Mieten aus den Citys verdrängt wurden. Lebendiger Nutzungsmix, attraktiver öffentlicher Raum, Erreichbarkeit und Resilienz – wie können wir diese Themen verbinden?

Auf der Zukunftswerkstatt „Lebendige City & Orte – Die Zukunft des Einzelhandels“ am 25. Juni 2021 in Stade hielt Klaus Mensing den Vortrag „Neue Nutzungen und Impulse für Zentren mit Zukunft“. Seine zentrale Botschaft: Wir müssen die Innenstädte bzw. die Zentren nicht nur neu denken, sondern neu machen! Hierfür brauchen wir Instrumente, Kreativität und am Gemeinwohl orientierte Akteure. Dabei sollte es nicht das Ziel sein, die City 2010 wiederherzustellen oder die City 2020 zu retten. Wir müssen die City 2025 / 2030 attraktiv gestalten!

Was kommt, wenn der Handel geht? Notwendig sind neue Nutzungen, die neue Zielgruppen ansprechen und für mehr Frequenz und Erlebnis sorgen: Handelsnutzungen mit frischen Ideen, innovative inhabergeführte Betriebe oder Pop-ups, aber auch Nicht-Handelsnutzungen wie Kita, Kultur, Coworking oder urbanes Handwerk – übrigens alles „Offline-Perlen“, d. h. Nutzungen, die nicht digitalisierbar sind.

Neue Nutzungen bedeutet meist Anpassung der Flächen und der Mieten – mit Folgen für Renditen und Immobilienwerte. Um moderatere Mieten und kleinere Flächen für spannende Formate und Pop-ups zu erreichen, müssen die Eigentümer zur Flächenanpassung bewegt werden. Dies ist sicher ein Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit der Eigentümer und Betreiber und Nutzen für eine attraktive Innenstadt („Stadtrendite“). Es wird viel über Gemeinwohl geredet – es wird jedoch nicht ohne finanzielle Anreize und Unterstützung gehen.

Insofern ist auch hier ein Umdenken notwendig. So wie Kindergärten, Straßen oder Abwasserentsorgung schon immer kommunale Aufgaben waren, müssen sich Städte und Gemeinden zukünftig stärker um ihre Zentren und auch um den Nutzungsmix kümmern – dies schon aus eigenem Interesse. Eine zunehmend zu beobachtende Option ist der Erwerb oder die Anmietung von leeren Schlüsselimmobilien („Frequenzanker“) durch die Kommune, um als Vermieter neue, interessante Nutzungen zu ermöglichen (vgl. das von CONVENT Mensing begleitete Projekt „Probierstadt Verden“). „Mixed use“ ist angesagt – innerhalb der Immobilie, aber auch im Lauf der Geschäftsstraße.

Ideen und Beispiele gibt es genug. Jetzt geht es um das Machen: mit vorhandenen Ressourcen – plus neue Initiativen + finanzielle Anreize. Dabei ziehen Kommune, Eigentümer und Gewerbetreibende sowie die Bevölkerung an einem Strang, wenn es um lebendige Zentren, werthaltige Immobilien, gute Geschäfte und ein attraktives Einkaufserlebnis geht.

Foto oben: Wolfgang Hilbig

21-06-29_Stader Tageblatt: Innenstädte müssen lebendig sein (Daniel Beneke)


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